Im Gespräch erzählt Tobias Buholzer über die Entstehung von «Noix gras», wie die Reaktionen auf seine Kreation waren und wie er die Zukunft von sogenannten Gourmet-Luxusprodukten wie Foie gras sieht.
Herr Buholzer, wir befinden uns gerade in Ihrem mehrfach ausgezeichneten Gourmet-Restaurant «Die Rose». Sie gehören zu den innovativsten und bekanntesten Sterneköchen in der Schweiz. Früher haben Sie selbst Foie gras serviert, nun haben Sie die vegetarische Stopfleber-Alternative «Noix gras» kreiert. Wie kam es dazu?
«Als Kind habe ich mich vegetarisch ernährt. Ich habe aus Überzeugung nie Fleisch gegessen, weil ich Tiere so gerne mag. Erst in der Kochlehre habe ich dann angefangen, Fleisch zu essen, weil das damals dazugehört hat. Ich habe mich aber immer mehr mit den Produkten beschäftigt: woher sie stammen und wie sie hergestellt werden. Foie gras empfand ich diesbezüglich als problematisch. Wir hatten sie zwar am Anfang noch angeboten, aber ich war bald der Meinung, dass das nicht geht und es schön wäre, eine Alternative zu haben.»
Wie lange hat es gedauert, bis sie eine Alternative entwickelt haben?
«Ich habe zwei Jahre lang mit verschiedenen Gemüsen, Pilzen und Nüssen herumgetüftelt, aber die Versuche sind immer wieder fehlgeschlagen. Doch dann bin ich auf die Rezeptur gekommen, die wir auch jetzt verwenden. Ich hatte von Anfang an ein sehr gutes Gefühl. Also habe ich sie unseren Gästen serviert. Sie waren total begeistert und haben gar nicht gemerkt, dass es sich um ein vegetarisches Produkt handelt. Danach stand für mich fest, dass es bei uns nur noch «Noix gras» geben wird.»
Welches Ziel verfolgen Sie damit?
«Das grundsätzliche Ziel war und ist es, eine Alternative für Foie gras zu schaffen. Eine, die gut schmeckt, eine gute Konsistenz hat und die man guten Gewissens essen kann.»
Wie reagieren Ihre Gäste auf die «Noix gras » ?
«Sehr positiv. Es gab nur einmal Reklamationen von Gästen, die fanden, dass «Noix gras» zu sehr nach Foie gras schmecke und sie es deswegen nicht essen können, weil sie mit Foie gras nichts anfangen können. Mit dieser Kritik konnte ich gut leben (lacht).»
Nun befinden wir uns kurz vor der Abstimmung im Ständerat, der sich zu einem Importverbot für tierquälerisch erzeugte Stopfleber äussern soll. Die Kommission, die das Geschäft vorberät, lehnte ein Importverbot ab, u.a. mit der Begründung, dass keine gleichwertigen Alternativen existieren. Was meinen Sie dazu?
«Es gibt sehr wohl eine Alternative. Wahrscheinlich haben diejenigen, die das bezweifeln, «Noix gras» noch nicht probiert (schmunzelt). Es gibt inzwischen aber auch noch einige andere Alternativen von namhaften Herstellern.»
Foie gras wird oft in der gehobenen Gastronomie als Luxus- und Festtagsprodukt gehandelt. Wie erleben Sie die Stimmung innerhalb der Gastronomie in Bezug auf solche Produkte?
«Nach wie vor gibt es viele Betriebe, bei denen es dazugehört, solche Produkte anzubieten. Gerade an Festtagen sind Foie gras, Kaviar usw. ein fester Bestandteil. Ich sehe aber auch vermehrt Gastronomen, die umdenken und diese Produkte nicht mehr auf die Karte nehmen wollen. Die sich explizit dagegen aussprechen oder auch auf der Suche nach Alternativen sind. Generell verzeichnen vegetarische Speisen eine steigende Nachfrage, Kunden möchten die Aspekte Nachhaltigkeit und Tierschutz vermehrt berücksichtigen. Dadurch, dass die Kunden dies fordern, ziehen die Gastronomen automatisch nach und passen ihr Angebot entsprechend an.»
Wo sehen Sie die Zukunft der Spitzengastronomie in Bezug auf tierquälerisch erzeugte Luxusprodukte wie Foie gras oder Froschschenkel?
«Allgemein ist die Branche schon seit einiger Zeit im Wandel. Früher war ein Gourmet-Restaurant ganz klassisch, es musste weisse Tischtücher haben, Silberbesteck und einen förmlichen Sommelier. Das waren die klassischen Vorgaben. Auch Luxusprodukte wie Foie gras, Kaviar, Froschschenkel – zumindest eine Zeitlang –, mussten dort standardmässig auf der Menükarte zu finden sein. Das ist heutzutage nicht mehr der Fall. Viele Sterneköche entwickeln ihre Konzepte weiter und fokussieren vermehrt auf regionale und nachhaltige Produkte: Produkte, zu denen man eine Geschichte erzählen kann und bei denen man auch den produzierenden Bauern kennt, um so die normale Küche ein bisschen aufzuwerten. Das ist auch die Aufgabe der Sterneköche, diese Verantwortung wahrzunehmen und ein gutes Vorbild zu sein für die anderen. Und wenn das bei den Sterneköchen akzeptiert wird, dann wird das eben auch automatisch vom Rest der Gastronomie übernommen.»
Das komplette Interview ist auf
VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freunden in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Heim-, Nutz- und Wildtiere – wie Bären, Grosskatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemässer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen.
Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Grossbritannien, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA und Vietnam sowie Schutzzentren für notleidende Tiere in elf Ländern sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen. In der Schweiz ist die Tierschutzstiftung ein Kooperationspartner vom Arosa Bärenland, dem ersten Bärenschutzzentrum, welches geretteten Bären aus schlechten Haltungsbedingungen ein artgemässes Zuhause gibt.
VIER PFOTEN - Stiftung für Tierschutz (Firmenporträt) | |
Artikel 'Sternekoch Tobias Buholzer im Interview mit VIER PFOTEN bezüglich Alternativen z...' auf Swiss-Press.com |
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