Der Welpenhandel boomt seit der COVID-19-Pandemie
Gemäss der Hundedatenbank Amicus der Identitas AG leben in der Schweiz derzeit rund 530'000 registrierte Hunde, wobei die Zahl seit längerem ansteigt. Per 31. Dezember 2020 waren 11'580 Registrationen mehr als im Vorjahr zu verzeichnen, was einen Anstieg um 2.2 % bedeutet. Mehr als die Hälfte dieser Hunde stammt aus dem Ausland, wie Identitas auf Anfrage bestätigt. So wurden allein im Jahr 2020 rund 30'700 Hunde in die Schweiz importiert, was bedeutet, dass täglich fast 85 Tiere die Schweizer Grenze überquerten. Das sind mehr als doppelt so viele Hunde wie im Jahr 2008 (12'000), wie eine Untersuchung des Schweizer Tierschutz STS zeigt. Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Anteil an Welpen im Alter zwischen 56 bis 98 Tagen gemäss Auskunft von Identitas im Übrigen sprunghaft um 28% an. Nach Einschätzung des BLV gibt es eine grosse Zahl von Hunden, die entweder gar nicht verzollt und/oder als mitreisende Heimtiere eingeführt und dann weiterverkauft wurden. Beides ist gesetzeswidrig. Auffällig auch: Seit dem Frühjahr 2020 werden doppelt so viele todkranke Welpen im Tierspital Zürich eingeliefert wie vor Corona. Ein entsprechender, von VIER PFOTEN und TIR bearbeiteter Fall wurde am vergangenen Dienstag in der SRF-Sendung «Kassensturz» gezeigt.
Augen auf beim Hundekauf
Ein Grund für den florierenden Handel mit ausländischen Hundewelpen ist, dass sie meist günstiger zu haben sind als Tiere aus Schweizer Zuchten. Zudem werden sie oftmals bequem und einfach im Internet mit der Option «Heimlieferung» angeboten. Jungtiere trendiger Kleinrassen wie Chihuahua, Zwergspitz, Französische Bulldogge oder Mops sind in der Schweiz gar nicht in einer der Nachfrage entsprechenden Anzahl vorhanden, weshalb sie mit zu den häufigsten Opfern des egoistischen Geschäfts mit «billig produzierten» Welpen gehören. Janine Cirini, Campaignerin bei VIER PFOTEN Schweiz erklärt: «In Massenzuchten werden die Hündinnen laufend gedeckt, und die Trennung der Jungtiere von Mutter und Geschwistern erfolgt in der Regel viel zu früh. Krankheitserreger und Parasiten können sich durch die grosse Anzahl an Tieren rasch verbreiten, und die Haltungs- und Transportbedingungen sind meist kläglich. Dies alles führt dazu, dass sowohl die Mutter- als auch die Jungtiere bleibende psychische und körperliche Schäden davontragen. Nicht selten erhält der Empfänger des Tieres in der Schweiz einen bereits kurz nach seiner Ankunft sterbenskranken, illegal importierten Welpen. Neben der emotionalen Belastung, das leidende Tier auf seinem letzten Weg zu begleiten, kommen aufgrund des illegalen Imports und den damit verbundenen verwaltungs- und allenfalls strafrechtlichen Aufwendungen auch hohe Veterinärkosten auf den Tierhalter zu, die den vermeintlich günstigen Kaufpreis bei weitem übersteigen. Kosten in der Höhe von 8'000 Franken und mehr sind dabei kein Einzelfall.» Die SRF-Sendung «DOK» vom 28. Oktober beleuchtete eine aktuelle Hintergrundgeschichte, an deren Recherche auch die TIR und VIER PFOTEN mitgewirkt haben. Künftige Käuferinnen und Käufer sind angehalten, sich vor der Anschaffung eines Hundes gut über den Anbietenden zu informieren. Bianca Körner, Juristin bei der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) rät: «Ein Kauf sollte grundsätzlich nie ohne vorherige Besichtigung der Zucht bzw. des in Frage kommenden Tieres getätigt werden. Fällt die Entscheidung auf einen Auslandshund, sollte man sich vorab die Papiere zukommen und diese von Experten prüfen lassen. Anhand der ersten drei Ziffern der Mikrochipnummer können das Herkunftsland des Tieres und die damit verbundenen Einreisevorschriften in Erfahrung gebracht werden. Denn auch wenn das Tier nicht durch die Käuferin oder den Käufer selbst importiert wird, trägt sie oder er am Schluss die Konsequenzen, wenn das Tier mangels korrekter Einfuhr unter Tollwutverdacht steht und im schlimmsten Fall die Euthanasie droht.»
Politik ist gefordert
Dennoch genügt es nicht, allein an die Verantwortung der Käuferschaft zu appellieren. Auch auf gesetzlicher Ebene bedarf es dringend Anpassungen, zumal die aktuell gültigen Gesetzesbestimmungen in Bezug auf den Handel mit Heimtieren offensichtlich nicht ausreichen, um den illegalen oder anderweitig problematischen Welpenhandel zu beenden. So zielen die nationalen und internationalen Importvorschriften nach wie vor primär auf die Verhinderung der Einfuhr von Seuchen und Krankheiten ab und fokussieren nicht direkt auf das Tierwohl. Aus diesem Grund engagieren sich die TIR und VIER PFOTEN für striktere Einfuhr- und Handelsbewilligungsvorschriften sowie für die stete Sensibilisierung der Gesellschaft bezüglich des Tierleids, das hinter dem Handel mit Hundewelpen steckt. Die TIR und VIER PFOTEN sehen als weitere Möglichkeit zur Eindämmung des Welpenhandels eine stärkere Regulierung der Einfuhr und damit einhergehende verstärkte Grenzkontrollen. Beispielsweise wäre eine generelle Bewilligungspflicht für den Import von Heimtieren denkbar. Werden skrupellose Händler bereits an der Grenze abgewiesen, wird das Geschäft zunehmend unattraktiver. Die Modelllösung von VIER PFOTEN gewährleistet zudem eine international lückenlose Rückverfolgbarkeit und Transparenz des Handels mit Heimtieren.
Medienkontakt:
VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Chantal Häberling
chantal.haeberling@vier-pfoten.org
Tel. 043 311 80 90
Stiftung für das Tier im Recht (TIR)
Mag. iur. Bianca Körner
info@tierimrecht.org
Tel. 043 443 06 43
www.tierimrecht.org
VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freunden in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Heim-, Nutz- und Wildtiere – wie Bären, Grosskatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemässer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen.
Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Grossbritannien, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA und Vietnam sowie Schutzzentren für notleidende Tiere in elf Ländern sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen. In der Schweiz ist die Tierschutzstiftung ein Kooperationspartner vom Arosa Bärenland, dem ersten Bärenschutzzentrum, welches geretteten Bären aus schlechten Haltungsbedingungen ein artgemässes Zuhause gibt.
VIER PFOTEN - Stiftung für Tierschutz (Firmenporträt) | |
Artikel 'VIER PFOTEN und die Stiftung für das Tier im Recht (TIR) kämpfen vereint gegen d...' auf Swiss-Press.com |
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