Der weltweite kriminelle Handel mit Menschenaffen bringt mehrere Millionen Dollar pro Jahr ein, und der illegale Markt für Baby-Orang-Utans aus Borneo und Sumatra floriert mit jährlich etwa 150 meist an asiatische Käufer verkauften Tieren. Die Corona-Pandemie könnte die Situation der skrupellosen Händlern ausgelieferten Affen weiter verschlimmern. Dieser kleine Orang-Utan-Junge hatte Glück. Er wurde in letzter Minute gerettet. Da dies am 75. Jahrestag vom Ende des Zweiten Weltkriegs geschah, erhielt er den Namen Damai – was auf Indonesisch «Friede» bedeutet.
Nur wenige Tage nach seiner Rettung hat der kleine Damai bereits eine Bindung zu seiner menschlichen Ersatzmutter, einer Tierärztin in der Quarantänestation der VIER PFOTEN ORANG-UTAN WALDSCHULE in Samboja, Ost-Kalimantan, entwickelt. Er hat Schlimmes hinter sich. Am vergangenen Freitag war er nach einer dramatischen Rettungsaktion offiziell an das Team der VIER PFOTEN Orang-Utan-Waldschule übergeben worden. Ein Tankstellenbesitzer in Benggalon hatte zuvor, während eines Gespräch mit einem Kunden, bemerkt, wie sich plötzlich ein Sack auf dessen Motorrad bewegte. Der Kunde erzählte, dass sich darin ein kleiner Orang-Utan befände, den er gleich im Wald aussetzen wolle. Der mitfühlende Tankstellenbesitzer erklärte seinem Kunden, dass das Orang-Utan-Baby allein im Wald sterben würde und überredete ihn dazu, es ihm zu überlassen. Da er wusste, dass es illegal ist, Orang-Utans als Haustiere zu halten, übergab er das Baby der örtlichen Polizei. Mangels eines Käfigs steckte diese das Baby in eine freie Gefängniszelle neben mehreren Insassen, bis Mitarbeiter der indonesischen Wildtierbehörde BKSDA und der Waldschule kamen, um es abzuholen.
«In Zeiten von COVID-19 ist dies eine ganz schöne Herausforderung», sagt Dr. Signe Preuschoft, Primatologin bei der globalen Tierschutzorganisation VIER PFOTEN. «Wir müssen sicherstellen, dass wir alle während der Aufnahme des Babys den strengen Infektionsschutz einhalten. Als unser Team im Gefängnis ankam, hatte der kleine Orang-Utan-Junge schreckliche Angst und versuchte zu beissen und zu entkommen. Ein schneller Gesundheitscheck ergab keine offensichtlichen Gesundheitsprobleme - insbesondere keine Symptome einer Grippe und keine Verletzungen. Der Kleine trank gierig Milch aus einer Flasche, und seine Vertrautheit mit der Milchflasche lässt vermuten, dass er eine Zeit lang bei Menschen gelebt hat.»
Als das Rettungsteam in der Quarantänestation der Waldschule eintraf, verkroch sich Damai gleich in einem extra für ihn vorbereiteten Hängekorb, der wie ein Orang-Utan-Nachtnest mit Blättern ausgestattet war. Am nächsten Morgen sah die Welt schon besser aus: Damai ass gekochte Süsskartoffeln, trank Milch und isotonisches Wasser und liess eine Ganzkörperuntersuchung über sich ergehen. «Es ist gut möglich», sagt Dr. Preuschoft, «dass seine illegalen Besitzer ihn aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus aussetzen wollten. Wie wir wissen, sind viele Menschen jetzt besorgt, dass Tiere sie krank machen könnten, vor allem Wildtiere. Als Corona bekannt wurde, mussten wir die Ängste der Leute besänftigen und erklären, dass in unserer Waldschule die Orang-Utans gefährdet sind, von Menschen infiziert zu werden und nicht umgekehrt.»
Damai muss sich einer Reihe von Gesundheitstests und einer Quarantäne von mindestens 60 Tagen unterziehen. Sicher ist, dass seine seelischen Wunden erst allmählich heilen werden. Das kleine Waisenkind entkam mit viel Glück dem qualvollen Leben, das vielen Menschenaffen droht: Als Darsteller einer Thaibox-Show, als Requisite für Touristenfotos oder als Haustier in einer wohlhabenden Familie, bis sie wegen ihrer Unbezähmbarkeit für den Rest ihres Lebens eingesperrt werden. In der Waldschule hingegen taucht Damai wieder in eine für Orang-Utans natürliche Umgebung ein. Er wird die Schule mindestens bis zum Alter von sechs bis sieben Jahren besuchen. So lange würde es auch dauern, bis ihn seine Mutter entwöhnen würde. Während dieser Zeit wird er alles lernen, was er für ein erfolgreiches Leben in Freiheit benötigt.
VIER PFOTEN und das Orang-Utan-Projekt
VIER PFOTEN arbeitet seit über zehn Jahren daran, traumatisierte Orang-Utan-Waisen für eine spätere Wiedereingliederung in ihren natürlichen Lebensraum in Borneo zu rehabilitieren. Nach einer Neuorganisation der lokalen Aktivitäten ist die von VIER PFOTEN finanzierte Waldschule ein Kooperationsprojekt zwischen VIER PFOTEN, dem lokalen Partner Jejak Pulang und dem indonesischen Ministerium für Umwelt und Forstwirtschaft.
Medienkontakt:
Chantal Häberling, Kommunikation Schweiz
VIER PFOTEN Schweiz
Enzianweg 4, 8048 Zürich
Tel. +41 43 311 80 90
VIER PFOTEN ist die globale Tierschutzorganisation für Tiere unter direktem menschlichem Einfluss, die Missstände erkennt, Tiere in Not rettet und sie beschützt. Die 1988 von Heli Dungler und Freunden in Wien gegründete Organisation tritt für eine Welt ein, in der Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Im Fokus ihrer nachhaltigen Kampagnen und Projekte stehen Streunerhunde und -katzen sowie Heim-, Nutz- und Wildtiere – wie Bären, Grosskatzen und Orang-Utans – aus nicht artgemässer Haltung sowie aus Katastrophen- und Konfliktzonen.
Mit Büros in Australien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Grossbritannien, Kosovo, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Südafrika, Thailand, der Ukraine, den USA und Vietnam sowie Schutzzentren für notleidende Tiere in elf Ländern sorgt VIER PFOTEN für rasche Hilfe und langfristige Lösungen. In der Schweiz ist die Tierschutzstiftung ein Kooperationspartner vom Arosa Bärenland, dem ersten Bärenschutzzentrum, welches geretteten Bären aus schlechten Haltungsbedingungen ein artgemässes Zuhause gibt.
VIER PFOTEN - Stiftung für Tierschutz (Firmenporträt) | |
Artikel 'VIER PFOTEN: Orang-Utan-Baby in Sack gezwängt und auf Motorrad gepackt...' auf Swiss-Press.com |
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